Die Dunkelreaktionen der Photosynthese, Fixierung von Kohlendioxyd
(Kohlendioxyd-Assimilation), CALVIN-Zyklus
Die Verwendung von Isotopen erlaubte es M. CALVIN und seinen Mitarbeitern
(University of California, Berkeley), im relativ kurzen Zeitraum
von 1946 - 1953 die Reaktionsschritte des Einbaus von Kohlendioxyd
in Kohlenhydrate vollständig aufzuklären. Der rasche
Erfolg beruhte auf dem Einsatz empfindlicher Methoden (zweidimensionale
Papierchromatographie, Autoradiographie), einem geeigneten Versuchsobjekt,
und dem zügigen Fortschritt auf dem Gebiet der Enzymbiochemie.
Die einzellige Grünalge Chlorella pyrenoidosa (1919
von O. WARBURG in die Photosyntheseforschung eingeführt)
wurde in belichteten Kulturen durch einen gleichmäßigen
12CO2-enthaltenden Luftstrom begast.
Zu einem bestimmten Zeitpunkt (t = 0) wurde der Luft kurzfristig
14CO2 beigemengt. Dabei ging man davon aus,
daß auch das markierte Kohlendioxyd sukzessive in Intermediärprodukte
der Kohlenhydratsynthese eingebaut würde. In einer Serie
von Experimenten wurde der Reaktionsansatz nach bestimmten Zeiten
(3 sec., 5 sec., usw.) unterbrochen, indem ein Teil der Zellen
durch Zugabe von kochendem Alkohol abgetötet wurde und die
gebildeten (14C-markierten) Zwischenprodukte papierchromatographisch
aufgetrennt und identifiziert wurden. Die Reaktionen im einzelnen:
Die erste, drei Sekunden nach Reaktionsbeginn bereits radioaktiv
markierte stabile Verbindung war das 3-Phosphoglycerat (3-PG),
eine Substanz, die wir bereits als Intermediärprodukt der
Glykolyse kennengelernt haben. 14C erschien dabei in
der Karboxylgruppe. Man nahm zunächst an, das Akzeptormolekül
für Kohlendioxyd müsse ein C2-Körper
(eine C2-Einheit) sein. Doch nach vergeblicher Suche
konnte schließlich Ribulosediphosphat (RuDP), ein C5-Körper
als Kohlendioxyd-Akzeptor identifiziert werden
C5
+ C1 > 2 C3
Zusammenfassend läßt sich die Bilanz der Dunkelreaktionen
wie folgt schreiben:
6 RuDP + 6 CO2 > 12 3-PG
12 3-PG + 12 NADPH2 + 12 ATP > 12 GAP + 12 ADP + 12 Pi
+ 12 NADP
12 GAP > 1 Glucose (Nettosyntheseprodukt der Kohlendioxyd-Assimilation)
+ 10 GAP
10 GAP + 6 ATP > 6 RuDP
NADPH2 und ATP stammen, wie wir noch sehen werden,
aus den Lichtreaktionen der Photosynthese, in denen die Lichtenergie
in chemische Energie umgesetzt wird.
Wenn ein Reaktionsablauf, wie der hier skizzierte CALVIN-Zyklus,
aufgeklärt und für eine Art (Chlorella pyrenoidosa)
als gültig erwiesen worden ist, muß man sich fragen,
ob er für alle grünen Pflanzen gilt oder bei anderen
Arten andersartige Abläufe vorkommen. Zunächst einmal
konnte gezeigt werden, daß er in der Tat nicht auf Chlorella
beschränkt, sondern bei grünen Pflanzen weit verbreitet
ist. Zudem konnte gezeigt werden, daß selbst isolierte Chloroplasten
(z.B. aus Spinat) noch voll aktiv sind, d.h., daß in ihnen
alle Reaktionen des CALVIN-Zyklus ablaufen können.
© Peter v. Sengbusch - b-online@botanik.uni-hamburg.de