Die Regulation der Entwicklung tierischer Zellen erfolgt zu einem überwiegenden Teil durch makromolekulare Effektoren (Peptidhormone u.a.). Die Herstellung synthetischer Produkte ist über einige Anfänge noch nicht herausgekommen. Durch Forcierung gentechnischer Verfahren zeichnen sich jedoch Wege ab, Peptidhormone (so das Somatostatin, das Wachstumshormon, Insulin u.a.) in größeren Mengen zu gewinnen. Anders sieht die Situation bei Phytohormonen aus. Wie die vorangegangenen Darstellungen und die abgebildeten Formeln zeigen, sind die chemischen Strukturen der Wirkstoffe relativ einfach, und deren Synthese oder die Synthese von Analogsubstanzen bereitet Chemikern keine unüberwindlichen Schwierigkeiten.
Die Biosynthese von Phytohormonen ist in vielerlei Hinsicht von Interesse. Einmal interessieren die Wirkungen eines Hormons, seine Reaktionskinetik (Dosis-Effekt Kurve), die Auf- und Abbauwege in der Pflanzenzelle sowie artspezifische und entwicklungsstadienspezifische Unterschiede, zum anderen ist der Einsatz von Phytohormonen oder deren Analoga ein wirtschaftlicher Faktor, der durch die folgenden Schlagworte angerissen werden kann:
Herbizide,
Erntehilfen und
Synchronisation von Reifevorgängen und deren zeitlicher
Steuerung.
Zur Lösung der anstehenden Probleme verwendet man entweder synthetische Verbindungen, die die Wirkung von Phytohormonen simulieren, oder Inhibitoren ihrer Biosynthese, um dadurch einen Hormonmangel in den Zellen hervorzurufen. Herbizide werden in der Land- und Forstwirtschaft verwendet, um unerwünschten Pflanzenwuchs - wie das Auftreten der als ertragsmindernd empfundenen "Unkräuter" - in einem Getreidefeld zu unterbinden.
Derivate des Auxins, wie 2,4-Dichlorphenoxyessigsäure (2,4-D) oder 2,4,5-Trichlorphenoxyessigsäure (2,4,5-T) erwiesen sich als selektive Herbizide gegenüber den Dikotyledonen
Obwohl das Wissen über deren Selektivität und die Wirkungsmechanismen mehr noch als mangelhaft sind, gehören diese Substanzen zu den mit am häufigsten eingesetzten Unkrautvernichtungsmitteln mit präferentieller Wirkung auf Dikotyledonen. 2,4-D steigert die DNS-, RNS- und Proteinsynthese und bewirkt damit eine Störung eines ausbalancierten, geregelten Wachstums. Die Pflanze wächst sich damit praktisch zu Tode. Phänotypisch ist das abnorme Wachstum an deformierten Sprossen, Verbänderungen, einem Chlorophyllabbau (Ausbleichen), dem Absterben der Wurzeln u.a. erkennbar. 2,4,5-T hat sich als besonders toxisch für mehrjährige verholzte Pflanzen erwiesen und wird daher vorwiegend in der Forstwirtschaft eingesetzt. Ganz allgemein kann man sagen, daß es weniger leicht abbaubar ist als das 2,4-D. (Auxin ist sehr leicht abbaubar und ist deshalb als Herbizid unbrauchbar.)
Wenngleich es keine eindeutigen Indikationen für die Schädigung von Menschen und Tieren durch 2,4-D oder 2,4,5-T gibt, ist die hohe Toxizität des bei der industriellen Fertigung von 2,4,5-T anfallenden Nebenprodukts Tetrachlorordibenzoparadioxin (TCDD), kurz Dioxin genannt, unumstritten. Obwohl gesetzliche Vorschriften sicherstellen sollen, daß in den Handel gebrachtes 2,4,5-T dioxinfrei ist, ist damit über die Kontrolle des Herstellungsprozesses wenig gesagt. Unglücksfälle, wie in Seveso (Oberitalien, 1976), oder ungeklärtes Verschwinden von Abfallprodukten in Mitteleuropa (1983) machen die Problematik deutlich. 2,4,5-T wurde im Vietnamkrieg als Entlaubungsmittel ("Agent Orange") im großen Stil eingesetzt und führte zu zahlreichen Zwischenfällen. Es gibt stichhaltige Argumente dafür, daß die zum Einsatz gekommenen Proben nicht den Reinheitskriterien entsprachen, die für Europa, USA und andere Industrienationen gelten.
Gibberellin (GA3) ist das einzige Phytohormon, das im Gartenbau unverändert zum Einsatz kommt. Man setzt es beim Anbau samenloser Rebsorten in kalifornischen Weinbaugebieten ein, um die Beerengröße auf das zwei- bis dreifache zu steigern. Bei samenhaltigen Beeren ist kein derart nachhaltiger Erfolg erzielbar.
Bei einigen Sorten von Citrusfrüchten nutzt man die Gibberellinwirkung zur Verbesserung des Fruchtansatzes sowie zur Verzögerung des Reifeprozesses der Früchte (zwecks längerer Lagerung).
In der Praxis kommen auch Verbindungen zum Einsatz, die nach dem Besprühen von Lagerobst Äthylen freisetzen. Am bekanntesten ist die Chloräthylphosphonsäure, die unter den Handelsnamen Ethrel, Ethephon oder CEPA vertrieben wird. Man verwendet sie
Zur Beschleunigung der Reife von Tomaten. Gleichzeitig wird dabei eine Synchronisation der Reife erreicht. | |
Zur Erleichterung der Kirschenernte (auch hier Beschleunigung der Reife), Synchronisation, leichtere Pflückbarkeit durch beschleunigte Ausbildung von Trenngewebe. | |
Zur Stimulation des Latexflusses bei Hevea(erhöhter Ausfluß pro Schnittstelle in der Rinde). |
Eine Anzahl von Substanzen, wie z.B. das Chlorcholinchlorid (CCC) , hemmt selbst in niedrigen Konzentrationen das Streckungswachstum. Besprühen von Getreidekeimlingen mit CCC führt zu Halmverdickung und -verkürzung und somit zu einer erhöhten Standfestigkeit.
Man nimmt an, daß es den Gibberelinen (z.B. dem GA3) entgegenwirkt, da man eine selektive Hemmung ihrer Biosynthese nachweisen konnte. In die gleiche Kategorie von Hemmstoffen gehört ein quaternäres Ammoniumsalz, das AMO 1618. Es wird im Zierpflanzenanbau eingesetzt und verursacht buschiges Aussehen und gedrungenen Wuchs der behandelten Pflanzen.
Eine weitere, gleichfalls im Zierpflanzenanbau verwendete Gruppe von Wachstumsregulatoren sind die Morphactine, die außer der Hemmung von Längenwachstum die Apikaldominanz aufheben und damit die Wuchsform der Pflanzen drastisch verändern, da nunmehr zahlreiche Nebentriebe auswachsen und der Pflanze ein buschiges Aussehen verleihen. Ferner werden u.a. der Geo- und Phototropismus, sowie die Ausbildung von Frucht- und Staubblättern beeinflußt. Morphactine stören die Mitoseaktivität in meristematischen Geweben und verändern so die Orientierung der Teilungsspindeln. Damit wird die sonst strikt eingehaltene, für Pflanzen typische Polarität beeinträchtigt. Bedingt wird diese Störung durch eine weitgehende (morphactininduzierte) Unterbindung des Auxintransports. In der Regel sind Morphactinwirkungen irreversibel.
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