Im Jahre 1840 hatte R. BROWN in Epidermiszellen von Orchideen und Staubfäden von Tradescantia Zellkerne entdeckt. M. SCHLEIDEN nahm an, daß sie für die Zellteilung notwendig seien, doch konnte er keinen Beweis für seine Annahme erbringen.
Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein befaßten sich die Mikroskopiker vorwiegend mit der Gestalt von Zellen und Geweben. Nur wenige Zellkomponenten konnten ohne weiteren Aufwand gesehen werden (z.B. Chloroplasten). Wie jeder Teilnehmer eines botanischen Anfängerpraktikums erfährt, kann man den Zellkern bei einigen Objekten (z.B. in Zellen der Zwiebelschuppenepidermis) recht leicht identifizieren. Bei den übrigen Zelltypen hingegen bleibt er meist unerkannt. Dennoch konnte C. v. NÄGELI (1844) durch geduldige Studien nachweisen, daß er weitverbreitet und in Zellen von Algen, Pilzen, Moosen und Gefäßpflanzen zu finden ist.
Zwei Entwicklungen waren für die Analyse intrazellulärer Strukturen (Cytologie) ausschlaggebend. Zum einen die Verbesserung von Mikroskoplinsen, zum anderen der Einsatz spezifischer Farbstoffe. Mit dem Aufkommen der organischen Chemie und der Farbstoffindustrie stand eine Palette synthetischer Farbstoffe zur Verfügung, von denen sich viele für die Mikroskopie eigneten. Mit ihrer Hilfe konnten bestimmte Zellbestandteile selektiv angefärbt werden. Im Jahre 1849 entwickelte HARTUNG das Karmin-Essigsäure-Verfahren, 1863 WALDEYER die Hämatoxilinfärbung. Damit war der Weg offen, die Abläufe bei der Zell- und vor allem bei der Kernteilung im Detail zu studieren und den Befruchtungsvorgang aufzuklären.
Wie an anderer Stelle dargelegt, bemühte sich M. MALPIGHI, Gemeinsamkeiten im Bau des Tier- und Pflanzenkörpers zu entdecken. Seine Bestrebungen fußten auf Annahmen, die bis ins Altertum zurückreichten. Die Entwicklung der Mikroskopie und exakte histologische Studien, vor allem in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, widerlegten sein Konzept.
Ganz anders sieht die Situation auf der Zellebene aus. Bereits die 1838/39 von M. SCHLEIDEN und T. SCHWANN formulierte Zelltheorie weist auf Gemeinsamkeiten zwischen Tieren und Pflanzen hin. Die Vermehrung durch Teilung und das Vorhandensein von Zellkernen sind weitere Hinweise hierauf.
1877 demonstrierte der Berliner Anatom O. HERTWIG an Seeigeleiern, daß der Befruchtungsvorgang auf dem Eindringen des Spermienkopfs in die Eizelle beruht und daß sowohl das Spermium als auch die Eizelle einen echten Zellkern enthalten, die in der befruchteten Eizelle miteinander verschmelzen. Die Bedeutung des Pollens für die Befruchtung von pflanzlichen Eizellen geht auf CAMERARIUS' Arbeiten (weiteres hierzu) zurück. J. G. KÖLREUTER nahm noch an, der Pollen würde eine ölige, befruchtende Substanz abscheiden.
G. AMICI (1786-1863) aus Modena (Professor in Modena, dann Florenz und schließlich Pisa) entdeckte 1830 das Auswachsen eines Pollenschlauchs und dessen Eindringen in die Mikropyle.
Offen blieb dann noch die Frage nach dem Kontakt zwischen Pollenschlauchende (das stets als geschlossene Struktur gesehen wurde) und dem Kern der Eizelle. Doch 1884 bewies E. STRASBURGER (Botanisches Institut der Universität Bonn), daß der Pollenschlauch nicht geschlossen bleibt, sondern sich nach dem Kontakt mit dem Embryosack am unteren Ende auflöst und einer seiner Kerne mit dem Kern der Eizelle verschmilzt. Daraus schloß er, daß Eigenschaften des Vaters durch den Spermakern (Pollenkern) übertragen werden und daß es überhaupt die Zellkerne sind, die die spezifische Entwicklungsrichtung im sich entwickelnden Organismus bestimmen. Das durch die Befruchtung entstehende Verschmelzungsprodukt ist die Zygote. In der 1. Auflage (1894) des von ihm begründeten Lehrbuchs der Botanik schreibt E. STRASBURGER:
"Alle Zellkerne in einem Organismus sind Nachkommen des Kerns der Keimzellen (Ei oder Spore), dieser selbst entstammt den Kernen vorangegangener Generationen. Eine freie Kernbildung findet nirgends statt. Ebenso ist alles Zytoplasma im Organismus vom Zytoplasma der Keimzellen abzuleiten."
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