Eine wichtige Eigenschaft der Rhizodermis ist die Ausbildung von Wurzelhaaren. Die Anlage erfolgt im Bereich einer Zone hoher Teilungsaktivität, wobei ein Wurzelhaar gewöhnlich aus einer kleinen Ausstülpung (einer Papille) am apikalen Ende der Zellen hervorgeht. Unter apikalem Ende versteht man hier das der Wurzelspitze nächstliegende Ende. Bei vielen Pflanzenarten können sich die Wurzelhaare aus allen Rhizodermiszellen bilden, bei anderen ist die Haarbildung auf bestimmte, darauf spezialisierte Zellen (Trichoblasten) beschränkt, die in einem regelmäßigen Muster an der Rhizodermisoberfläche verteilt sind. Die Anlage und das Wachstum (Streckungswachstum) der Wurzelhaare verlaufen in den einzelnen Wurzelabschnitten synchron. Die ältesten Haare sind die längsten, die der Wurzelspitze nächstliegenden die kürzesten.
Links: Wurzelhhaare. parilläre (tubuläre) Ausstülpungen der Epidermis aus Reis Wurzeln. Sie erhöhen die Absorptionsoberfläche der Wurzel und beeinflussen damit die Transpirationsrate (Verdunstungsrate) der Pflanze und damit auch ihr Wachstum.Rechts: Querschnitt durch den außeren Bereich einer älteren Reiswurzel, mit Berberin und Anilinblau fluorochromiert. Berberin färbt Suberin und Lignin
Wurzelhaare erreichen eine Länge von 80-150 µm, ihr Durchmesser beträgt 5-17 µm. Im ausdifferenzierten Zustand sind sie stark vakuolisiert. Nur selten sind sie vielzellig (Beispiel: an den Adventivwurzeln [Seitenwurzeln] von Kalanchoe). Sie haben eine nur kurze, auf Tage bemessene Lebensdauer und werden daher ständig neu angelegt. Durch die Ausbildung der WurJelhaare wird die absorbierende Oberfläche der Wurzel drastisch erhöht.
1937 hat H. J. DITTMER (Department of Botany, University of Iowa) die
Oberfläche der Wurzel einer Roggenpflanze (Secale cereale)
aus gemessenen Werten und Zählungen hochgerechnet. Seine Werte lauten:
Die Roggenpflanze verfügt über 13 800 000 Wurzeln (einschließlich
aller Seitenwurzeln und Verzweigungen). Das entspricht einer Oberfläche
von 235 Quadratkilometern. Die Wurzeln tragen 14 Milliarden lebende Wurzelhaare
mit einer Oberfläche von 400 Quadratkilometern, was eine Gesamtfläche
von 635 Quadratkilometern ergibt. Das Wurzelwerk ist in einem Erdvolumen
von 1 / 22 Kubikmeter enthalten. Die Oberfläche der Wurzel ist 1 /
30mal so groß wie die der oberirdischen Teile. Unter Berücksichtigung
der an Interzellularräume grenzenden Mesophyllzellwände (siehe
Kapitelende) sind die absorbierenden Oberflächen der Wurzel immer
noch 22mal so groß wie die transpirierende Fläche des oberirdischen
Sprosses. Das sieht nach einem Ungleichgewicht aus, denn die Pflanze kann
demnach mehr Wasser aufnehmen als abgeben. Doch ist zu berücksichtigen,
daß die Berechnung mit vielen Unsicherheitsfaktoren behaftet ist.
Sie geht u.a. davon aus, daß alle Wurzelhaare stets gleich aktiv
sind. Es wäre sicher wünschenswert, eine solche Kalkulation an
einer anderen Pflanze der gleichen oder einer anderen Art zu wiederholen,
um die Fehlerquote abschätzen zu können und auch um zu überprüfen,
inwieweit Angaben, die an einer Art, respektive einem Individuum gewonnen
wurden, verallgemeinert werden können.
Wurzelhaare stehen stets in engem Kontakt zu Bodenpartikeln. Oft sind
sie mit ihnen verwachsen, und es ist daher praktisch unmöglich, eine
in Erde gewachsene Wurzel unbeschädigt zu isolieren. In der Regel
sezernieren Wurzelhaare kohlenhydrathaltige Schleime . Sie bilden damit
eine Rhizosphäre aus, in der die Nährstoffe aufbereitet werden,
bevor sie von den Wurzelhaarzellen absorbiert und damit von der Pflanze
genutzt werden.
Ein weiteres wichtiges Merkmal der Wurzel ist die Endodermis, die einen Zylinder um das leitbündelsysten der Wurzel bildet Die antiklinalen Zellwände der endodermalen Zellen enthalten eine Suberinschicht, den Casparischen Streifen.
Querschnitt durch eine Wurzel von Selaginella mit Zentralzylinder und Endodermis, im Inneren Xylem, umgeben von Phloem |
|
Velamen radicum, ein Sonderfall bei Luftwurzeln: Dieses Gebilde stellt eine mehrschichtige Epidermis dar, die an Luftwurzeln von Araceen und baumbewohnenden Orchideen ausgebildet wird. Sie besteht zu einem überwiegenden Teilaus abgestorbenen Zellen, die wie ein Schwamm Wasser speichern können. Trocken sieht das Velamen silbrig aus, da die Zellen von Luft erfüllt sind. In feuchtem Zustand schimmern die Chloroplasten aus darunterliegendem Gewebe durch und lassen die Wurzel grün erscheinen.
Wurzel und Velamen radicum der Orchidee Dendrobium superbum. Lichtmikroskopische Aufnahme durch die Wurzel. Erkennbar sind: Velamen (V), Exodermis (E), Cortex (C), Endodermis (N) und Zentralzylinder (Z).
Rasterelektronemikroskopische Aufnahmen von Zellen des Velamens. rechts: bei geringer Vergrößerung. Der Verband besteht aus abgestorbenen Zellen, deren Wände durch helikale Wandverdickungen verstärkt und von Poren durchsetzt sind. links: Detail aus der Wand einer einzelnen Velamen-Zelle bei hoher Vergrößerung. Man erkennt die Wanddurchbrechungen sowie die auf der Vorder- und Rückseite der Zellwand sich überkreuzenden, aufgelagerten sekundären Wandverdickungen. Sie bestehen aus Cellulose. (W. BARTHLOTT, 1976, W. BARTHLOTT, 1984 unveröff.)
© Peter v. Sengbusch - b-online@botanik.uni-hamburg.de