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Die Bedeutung des Zellkerns: Die Grünalge Acetabularia, ein neues Versuchsobjekt


Acetabularia ist eine einzellige Grünalge.

Für experimentelle Arbeiten zeichnet sie sich durch folgende Vorteile aus:

  1. Sie ist mehrere Zentimeter lang.

  2. Drei Abschnitte der äußeren Gestalt sind leicht voneinander zu unterscheiden: Hut, Stiel und Rhizoid (ein Gebilde, das die Funktion einer Wurzel haben kann).

  3. Der Kern liegt stets an einer bestimmten, leicht erkennbaren Region der Zelle, dem Rhizoid.

  4. Es gibt mehrere Arten, die sich u.a. durch die Gestalt ihres Hutes voneinander unterscheiden, z.B. Acetabularia mediterranea (Vorkommen im Mittelmeer) und Acetabularia crenulata (Vorkommen in der Karibischen See).

  5. Die Teilung des Zellkerns und die Bildung der Fortpflanzungszellen erfolgt erst, nachdem die Zelle ihre volle Größe erreicht hat.

  6. Acetabularia hat ein hohes Regenerationsvermögen.

Diese Vorteile wurden Anfang der dreißiger Jahre von J. HÄMMERLING (damals in Berlin, später in Wilhelmshaven) erkannt. Er untersuchte zunächst die Überlebenschancen der einzelnen Teile einer Acetabularia-Zelle und überprüfte die Frage, welche sich fortpflanzen können und welche nicht Er stellte dabei fest, daß nur das kernhaltige Stück dazu in der Lage war und daß die kernlosen Stücke zwar über Tage und Wochen am Leben gehalten werden konnten, nach diesem Zeitraum ihren Stoffwechsel aber irreversibel einstellten.

Er nahm Zellen, die noch nicht voll ausgewachsen waren, und stellte fest, daß das obere Stück des Stiels einen Hut bilden konnte, das Mittelstück dazu nicht in der Lage war und das untere, kernhaltige Stück sich zu einer ganzen, fortpflanzungsfähigen Zelle regenerieren konnte. Isolierte er den Kern aus dem Rhizoid und implantierte ihn in das Mittelstück, so regenerierte dieses ebenso gut, wie sonst nur das Rhizoid, zu einer vollständigen, fortpflanzungsfähigen Zelle.

In einem weiteren Versuch wurde gezeigt, welchen Einfluß der Kern auf die Hutform hat: Acetabularia mediterranea unterscheidet sich in diesem Merkmal von Acetabularia crenulata. Auf das Rhizoid von Acetabularia mediterranea wurde der Stiel von Acetabularia crenulata gesetzt. Es entwickelte sich dabei eine Zelle, deren Hut die Morphologie von Acetabularia mediterranea besaß. Anschließend wurde genau umgekehrt verfahren: Das Rhizoid von Acetabularia crenulata wurde mit dem Mittelstück von Acetabularia mediterranea kombiniert; daraus entstand ein Hut der Acetabularia crenulata-Form.

Welchen Einfluß hat das Plasma auf den Kern? Hierzu dieser Versuch: Ein "alter Hut" von Acetabularia mediterranea wurde auf das Rhizoid einer jungen Pflanze der gleichen Art gesetzt, einer Zelle, die gerade erst begann, einen Stiel zu bilden. Es kam dabei umgehend zur Teilung des Kerns und zur Bildung der Gameten.

Zusammenfassend können wir aus den Versuchen folgendes ableiten:

  1. Der Zellkern ist für die Fortpflanzung unentbehrlich.

  2. Der Zellkern bestimmt, welche Merkmale ausgebildet werden.

  3. Die Aktivität des Zellkerns kann durch das Plasma gesteuert werden. Es muß also Substanzen geben, die durch Diffusion vom Kern ins Plasma und andere, die aus dem Plasma in den Kern wandern.


© Peter v. Sengbusch - b-online@botanik.uni-hamburg.de