Die Mehrzahl intrazellulärer Partikel liegt an oder unter der ABBÉschen Auflösungsgrenze des Lichtmikroskops. Zwar wurden bereits vor der Nutzung des Elektronenmikroskops etliche Strukturen erkannt und benannt, so beispielsweise die Grana in den Chloroplasten oder die Mitochondrien, einst Chondriosomen genannt, doch ließ sich mit solchen Beobachtungen zunächst nur sehr wenig anfangen.
Im Jahre 1945 publizierten K. R. PORTER, A. CLAUDE und E. F. FULLAM (Rockefeller Institute, New York) im Journal of Experimental Medicine das erste elektronenmikroskopische Bild einer tierischen Zelle (einer in Kultur gehaltenen Fibroblastenzelle). Die Umrisse der Zelle waren deutlich erkennbar, die Zelle sah an den Polen ausgefranst aus, der Zellkern war zu sehen, und dazu noch viel fibrilläres Material im Zellplasma. Doch das Bild hält den heutigen Anforderungen, die an elektronenmikroskopische Aufnahmen gestellt werden, bei weitem nicht stand.
Um ein Elektronenmikroskop als Hilfsmittel in der Zellbiologie einsetzen zu können, mußten zwei Voraussetzungen erfüllt werden - die Grundlagen dazu wurden in der eben zitierten Arbeit gelegt. Die Pionierarbeiten über die Ultrastruktur tierischer und pflanzlicher Zellen wurden in den späten vierziger und fünfziger Jahren gleichfalls am Rockefeller Institute durchgeführt. Außer den genannten Wissenschaftlern sind vor allem noch G. PALADE und M. C. LEDBETTER hervorzuheben. Zur Technik:
Die Zellen oder Gewebe müssen in Kunstharz eingebettet werden, um möglichst dünne Schnitte durch die Präparate legen zu können.
Die Strukturen müssen fixiert und kontrastiert werden. Ein bewährtes membranstabilisierendes Fixativ und Kontrastierungsmittel ist das Osmiumtetroxyd; zeitweilig wurde auch mit Kaliumpermanganat gearbeitet.
Die Präparationstechniken entscheiden im wesentlichen mit darüber, was man im Elektronenmikroskop schließlich zu sehen bekommt. Doch ist diese Aussage nichts anderes als die altbekannte Erfahrungstatsache aus der Lichtmikroskopie, daß man mit bestimmten Farbstoffen selektiv bestimmte Strukturen anfärbt und daß man zahlreiche Methoden einsetzen muß, um sich ein weitgehend abgerundetes Bild der Zelle machen zu können.
Da elektronenmikroskopische Präparate im Vergleich zur Zelldicke außerordentlich dünn sind, betrachtet man jeweils nur eine Ebene und es ist daher erforderlich, eine Vielzahl von Schnitten durchzumustern, um eine realistische Vorstellung von der dreidimensionalen Organisation intrazellulärer Strukturen zu gewinnen. Erst nachdem umfangreiche Bildserien vorlagen, konnten Modellvorstellungen über die tatsächlichen dreidimensionalen Strukturen der intrazellulären Bestandteile entwickelt werden.
Die im Elektronenmikroskop erkennbaren Strukturen sind Abbilder
von Makromolekülen oder makromolekularen Komplexen. Sie alle
sind heutzutage einer biochemisch-molekularbiologischen Analyse
zugänglich, und wir wissen mittlerweile sehr viel über
deren molekularen Aufbau und ihre Funktion. Es ist daher zweckmäßig,
an dieser Stelle lediglich die Strukturen selbst zu präsentieren;
ihre Behandlung im Zusammenhang mit der Funktion folgt an anderer Stelle.
Das Elektronenmikroskop wird inzwischen oft auch als ein Hilfsmittel zur Überprüfung der Homogenität bestimmter Zellfraktionen, z.B. isolierter Mitochondrien, isolierter DNS, isolierter Gene usw. herangezogen. Es ist unmöglich, lebende Zellen elektronenmikroskopisch zu analysieren, weil die Präparate erst kontrastiert und dann im Vakuum betrachtet werden.
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